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AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat hat mit Fritz Güntzler in Erfurt gesprochen

Interview mit Fritz Güntzler: "Was wir brauchen, ist anpacken!"

Freitag, 05. Mai 2023, 08:27 Uhr
Fritz Güntzler, MdB, bei seiner Rede zur Eröffnung des Stellantis-Mobilitätszentrums in Erfurt.

Erfurt. Fritz Güntzler ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages (Wahlkreis Göttingen-Stadt). Er ist ordentliches Mitglied im Finanzausschuss, im Sportausschuss und im Bundesfinanzierungsgremium. Als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater gehören auch einige Autohäuser zu seinen Mandanten, unter anderem die Autohaus Peter Gruppe.

Güntzler gehörte neben Ministerpräsident Bodo Ramelow bei der Eröffnungsfeier des weltgrößten und modernsten Stellantis-Mobilitätszentrums in Erfurt am 20. April 2023 zu den offiziellen Rednern. Güntzler: "Was wir brauchen ist anpacken! Auch in dieser Zeit, die durch Wandlungen über Corona, dem neuen Stellantisgebilde und der Ukraine inklusive der Flüchtlingsintegration geprägt ist." Güntzler zeigte die Transformation durch die Urbanisierung, Individualisierung und der automobilen Antriebstechnologien auf und hob warnend auf die schleichende Deindustrialisierung ab.

Dann zeigte er die Wandlungen für den Automobilhandel auf, vom Direktvertrieb der Hersteller, Drittanbieterplattformen, sinkende Markentreue sowie den ewigen Druck auf die Margen. Güntzler: "Was im Autohaus Peter über 33 Jahre geleistet wurde gehört zu den Beweisen, wie die klassischen Familienunternehmen das wirtschaftliche Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft darstellen. In diesem Zeitraum hat das Unternehmen 100 Millionen Euro investiert. Heute steht die "Peter Gruppe" bei einem jährlichen Umsatz von 300 Millionen Euro. Von 2020 bis 2022 gelang der Gruppe eine Verdoppelung der Ergebnisse." Güntzler hob abschließend das besondere gesellschaftliche Engagement der "Peter Gruppe" in Sonderheit von Helmut Peter hervor.

Staatsverschuldung
AUTOHAUS: Was 2022 alles an Unterstützungsgelder geflossen ist vermittelte finanzpolitisch einen "goldenen Esel", der in Berlin uferlose "Kohle" verteilt. Wie sieht das der Finanzpolitiker Güntzler?

Fritz Güntzler: In besonderen Krisensituationen ist der Staat als Unterstützer gefordert. Das heißt aber nicht, dass der Staat sämtliche Wohlstandsverluste ausgleichen kann. Das sind alles Mittel der Bürgerinnen und Bürger. Wir verwalten diese Gelder. Es ist richtig, wie Bundesfinanzminister Lindner darauf achtet, dass wir wieder in normale Haushalte zurückkommen. Dabei spielen Stabilitäts- und Wachstumsüberlegungen eine besondere Rolle. Wir müssen lernen mit dem Geld auszukommen, das wir haben. Trotz aller Schwierigkeiten steigen die Steuereinnahmen, und wir sind gehalten, den Bürgerinnen und Bürgern dafür sichtbare und wirkungsvolle Gegenleistungen zu erbringen.

Klimaschutz und sonst nichts?
AH: Politisch hat man den gegenwärtig den Eindruck, außer Klimaschutz gäbe es keine anderen politischen Aufgaben mehr. Verbrennerverbot, E-Mobilität, kürzere Duschzeiten, aktuell Wärmepumpenvorgaben u.a.

F. Güntzler: Ich betrachte mit großer Sorge, dass der Bundeswirtschaftsminister nur das Thema Klimaschutz bedient. Ich vernehme aber über zahlreiche Gespräche, auch an der Basis, dass wir bereits eine schleichende Deindustrialisierung haben. Es werden zahlreiche Investitionen nicht mehr in Deutschland, sondern im Ausland getätigt. Wir merken das nicht, weil keine Standorte geschlossen werden. Es werden neue Standorte im Ausland aufgebaut und die deutschen Standorte investiv zurückgefahren. Wir sollten den Ast nicht absägen, auf dem wir sitzen. Wir sind keine reine Dienstleistungsgesellschaft.

Bildungspolitik
AH: Ein großes Betätigungsfeld, das vielfach auf Antworten wartet ist die Bildungspolitik. Wie artikuliert sich darin ihre Partei, die CDU/CSU?

F. Güntzler: Bildungspolitik ist in Deutschland Ländersache. Wir sind aber grundsätzlich der Auffassung, wir müssen alle mitnehmen. Mich beschäftigt nach wie vor, dass die soziale Herkunft immer noch bestimmt, was aus einem wird. Wir müssen daher bei der Bildung früher ansetzen. Wir müssen also mehr Geld für Menschen investieren, die nicht die Bildungschancen haben. Auch sie sollen an unserem Wohlstand partizipieren. Also gilt es, die Vorschule, die Kitas zu stärken. Wir haben in der Union immer das Idealbild der Familie vor Augen gehabt. Das ist aber vielfach nicht mehr die Realität. Ich sehe das in meinem Wahlkreis in Göttingen. Kinder müssen die Möglichkeit haben durchzustarten, um mit ihren eigenen Fähigkeiten und mit ihrem Wissen ihre Zukunft gestalten zu können.

Bürokratieabbau
AH: Ab September soll in den meisten Zulassungsbezirken die Bürger über die "i-Kfz" ihre Fahrzeuge schneller und besser per online zulassen können. Schaut man sich die praktische Umsetzung an, dann ist das ein kompliziertes Unterfangen. Wo bleibt das Prinzip Einfachheit? Wo bleiben grundsätzlich die sichtbaren Schritte zur Entbürokratisierung?

F. Güntzler: Ja, da besteht in der Tat noch großer Handlungsbedarf. Wir haben da in Sachen Digitalisierung Entwicklungslandcharakter. Ich würde mir da wünschen, dass das alles viel schneller geht. Gerade im Steuerrecht, was mein Metier ist, könnte ich mir viele Dinge vorstellen, die man digitalisieren könnte, also auch papierlos erledigen kann.

AH: Es sind ja die meisten der 44.000 Steuerberater in Deutschland bei der DATEV angeschlossen. Wo bleibt deren Reformkonzept?

F. Güntzler: Die Steuerberater sind da schon sehr weit und wir arbeiten da auch in der CDU dran. Doch wir haben 16 Bundesländer und damit 16 Länder-Finanzverwaltungen. Alles auf einen einheitlichen Weg zu bringen bedarf eben föderaler Abstimmung. Ein Mammutwerk.

Parteipolitischer Umgang
AH: Ist es klug, dass demokratische Parteien mit der AFD nicht reden?

F. Güntzler: Auch das ist komplexer, als man nach außen wahrhaben möchte. Wir erleben die AfD quasi jede Woche live im Deutschen Bundestag. Und da stellt sich wirklich in der persönlichen Auseinandersetzung die Frage, ob das dort rechtschaffende Menschen sind? Schauen sie sich die Gedanken des Herrn Höcke und anderer an. Da fehlen demokratische Leitplanken.

Zukunft der CDU
AH: Welche Rolle spielt Carsten Linnemann in der CDU?

F. Güntzler: Carsten Linemann ist Stellvertretener CDU-Vorsitzender und Chef der CDU-Grundsatzkommission. Er entwickelt die CDU-Brand. Ein sehr offener, ein kluger Kopf. Er arbeitet massiv daran, die CDU in die Zukunft zu bringen.

AUTOR: Prof. Hannes Brachat

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